Samstag, 27. August 2011
Michel Foucault: Die Heterotopien
"Wir leben nicht in einem leeren, neutralen Raum. Wir leben, wir sterben und wir lieben nicht auf einem rechteckigen Blatt Papiert. Wir leben, wir sterben und wir lieben in einem gegliederten, vielfach unterteilten Raum mit hellen und dunklen Bereichen, mit unterschiedlichen Ebenen, Stufen, Vertiefungen und Vorsprüngen, mit harten und mit weichen, leicht zu durchdringenden, porösen Gebieten. Es gibt Durchgangszonen wie Straßen, Eisenbahnzüge oder Untergrundbahnen. Es gibt offene Ruheplätze wie Cafés, Kinos, Strände oder Hotels. Und es gibt schließlich geschlossene Bereiche der Ruhe und des Zuhause. Unter all diesen Orten gibt es nun solche, die vollkommen anders sind als die übrigen. Orte, die sich allen anderen widersetzen, neutralisieren oder reinigen sollen. Es sind gleichsam Gegenräume. Die Kinder kennen solche Gegenräume, solche lokalisierten Utopien, sehr genau. Das ist natürlich der Garten. Das ist der Dachboden oder eher noch das Indianerzelt auf dem Dachboden. Und das ist - am Donnerstagnachmittag - das Ehebett der Eltern. Auf diesem Bett entdeckt man das Meer, weil man zwischen den Decken schwimmen kann. Aber das Bett ist auch der Himmel, weil man auf den Federn springen kann. Es ist der Wald, weil man sich darin versteckt. Es ist die Nacht, weil man unter den Laken zum Geist wird. Und es ist schließlich die Lust, denn wenn die Eltern zurückkommen, wird man bestraft werden."
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen